Gräfenhainer Sagenschatz

Warum das Dorf Gräfenhain heißen soll

"Am Vogelberge lag früher das Dorf Hainichen. Aber ein Graf versetzte es in die Niederung. Daher der Name. Alte Leute erzählen, es seien früher unterirdische Gänge am nahen Keulenberge gewesen, die hätten zwei Klöster miteinander verbunden, die früher daselbst gestanden hätten."

 

Sagenbuch der Lausitz; Gekrönte Preisschrift von Karl Haupt, Predigtamts-Kandidat und Lehrer am freiadligen Magdalenenstift zu Altenburg, Mitglied mehrerer gelehrten Gesellschaften; Erster Theil: Das Geisterreich; Leipzig, Verlag von Wilhelm Engelmann. 1862. (Seite 98)


Sühnekreuz mit Axt

"Ein anderes Mordkreuz ist in Gräfenhain bei Königsbrück. In dieses Kreuz ist eine Axt eingehauen. Diese deutet der Volksmund als Zimmermannsaxt und knüpft folgende Sage daran.

Zwei Zimmerleute haben vorzeiten ein und dasselbe Mädchen geliebt, keiner hat es aufgeben wollen. Da ist ein heftiger Streit zwischen den beiden um die Geliebte entstanden, in dessen Verlauf der eine den anderen mit einer Zimmermannsaxt erschlagen hat."



Mitteilungen des Vereins für sächsische Volkskunde; Im Auftrag des Vereins; Eugen Mogk; Band 6, (1912–1916), Heft 3, 1913, S. 79–84

Bild-Quelle: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunstdenkmäler des Königreichs Sachsen; Unter Mitwirkung des Königlich Sächsischen Altertumsvereins; Herausgegeben von dem Königlich Sächsischen Ministerium des Innern; Fünfunddreißigstes Heft; Amtshauptmannschaft Kamenz (Land); bearbeitet von Cornelius Gurlitt


Schatz am Keulenberg

"Einst war ein Mann aus Naundorf oben im Walde am Keulenberge. Mit seinem Schiebekarren befand er sich in der Nähe der Bergruine. Er wollte dürres Reisig holen. Da erblickte er vor sich plötzlich einen unterirdischen Gang. Neugierig trat er ein und ging in demselben auch eine Strecke vorwärts.

Er kam in ein Gewölbe, in dem große, mit Gold und Silber gefüllte Kästen standen. Schnell lief er wieder hinaus und holte den Karren, um eine der Kisten mitzunehmen. Aber er konnte den Gang mit dem Gewölbe nicht wieder finden. Der Eingang war spurlos verschwunden. Wie bereute es der Mann jetzt, nicht wenigstens soviel mitgenommen zu haben, als er in den Taschen hätte bergen können! Doch war es leider auch dazu zu spät. Er mußte nun zeitlebens ein armer Mann bleiben.

So sehen wir also, wie der Keulen- oder Augustusberg des Interessanten viel bietet. Es sollten Touristen, welche die Lausitz und die Wendei besuchen, nicht versäumen, auch diesen alten Götterberg mit in ihren Reiseplan aufzunehmen. Der Besuch desselben ist ein lohnender, dazu öffnet sich hier für den Sagen- und Geschichtsforscher ein ergiebiges Feld, aus dem er manchen Schatz heben kann."


Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 276.


Eingemauertes Wild

"Ganz besonders wurde früher in der Laußnitzer Heide das Hochwild und Schwarzwild gehegt. Die Laußnitzer Forstbeamten erhielten den Titel „Wildmeister.“

Damit das zahlreiche Wild nicht zu großen Schaden auf den angrenzenden Fluren anrichte, wurden damals von den betreffenden Grundbesitzern, deren Feldgrundstücke an den umfangreichen Wald grenzten, mit Mauern und Wildzäunen umgeben.

Heute sind diese Mauern und Wildzäune meist verschwunden, nur in Kleinokrilla ist ein Stück der alten Wildmauer erhalten und zwar unter dem Namen „Becks Mauer“. In Gräfenhain sieht man aber noch ganze Gärten und Felder, die mit losen Feldsteinen mauerartig umgeben sind. – Auf hohen Befehl wurde später das Hochwild zum größten Teil abgeschossen. Das Schwarzwild wurde meist eingefangen und im Tiergarten zu Moritzburg untergebracht."


Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 362

Heilquelle und heidnische Bräuche

"Wie die Sage berichtet, sollen im Mittelalter die Felder der Gräfenhainer Flur bis an die Bergkuppe gereicht haben. An dem westlichen Abhange des Berges sind auch deutliche Spuren des Ackerpfluges zu erkennen. –

Der westliche Nachbar des Augustusberges ist der Vogelberg. Auf diesem Berge soll in alten Zeiten ein Dorf gestanden haben, Hainichen genannt. In Kriegszeiten sei es dem Erdboden gleichgemacht worden. Ein Graf habe dann zur Ansiedelung den heimatslos gewordenen Bewohnern in der Niederung Land überlassen. Nach ihm sei die neue Niederlassung genannt worden. Sie habe den Namen „Gräfenhainichen“ erhalten, woraus „Gräfenhain“ wurde. –

Ganz alte Leute wollen sich noch eines unterirdischen Ganges erinnern, der durch den kleinen Keulenberg führe und einst zwei am südöstlichen und westlichen Abhange des Keulenberges gelegene Klöster verbunden habe. Das eine dieser Klöster befand sich im Besitze eines wundertätigen Marienbildes, zu dem alljährlich Tausende strömten. Nicht weit von jenem Kloster entfernt war auch eine heilkräftige Quelle, deren Wasser Wunder gewirkt haben soll. An dieses Kloster am Vogelberge soll heute die Kirche zu Höckendorf, die ursprünglich nur eine Kapelle war und zum nahen Kloster gehörte, erinnern. Vor dem Eingange zur Höckendorfer Kirche befindet sich ein umgestürzter, steinerner Weihkessel, der als ein Ueberrest jenes Klosters bezeichnet wird. Auch eine Heilquelle ist noch vorhanden. In der Nähe der Kirche zu Höckendorf rieselt aus einer Quelle Wasser hervor, das seit Jahrhunderten von den Umwohnern als ein Gesundbrunnen bezeichnet wird. Tatsache soll es sein, daß diejenigen Bewohner Höckendorfs, welche diesen Quell benützten, durch ein hohes Lebensalter sich auszeichneten. –

Zwischen dem großen Keulenberge und dem Vogelberge befindet sich eine Schlucht. In ihr war, wie die Sage erzählt, ehedem ein altheidnischer Kultus- und Begräbnisplatz. Und in Wirklichkeit sind hier früher Urnen und andere Dinge, wie Ringe aus Bronze, ausgegraben worden. Diese Sage ist jedenfalls nicht ganz grundlos, denn auf dem Keulenberge stand ja ursprünglich ein Götzenaltar, und zahlreiche Opfer wurden auf ihm den Göttern dargebracht."


Friedrich Bernhard Störzner: Was die Heimat erzählt. Arwed Strauch, Leipzig 1904, Seite 360